Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden, lautet ein geflügeltes Wort. Die Blockchain-Technologie führt dazu, dass auch der Verkauf und die Verwahrung von Sammlerstücken und Wertpapieren digital erfolgen können. Erst waren es Kunstwerke, nun gibt die Deutsche Post – wenn auch im Vergleich zu ausländischen Wettbewerbern spät – Briefmarken als digitale Urkunden aus. Im Wertpapiergeschäft waren es zunächst verschiedene Formen von Anleihen, nun sind es auch digitale Fondsanteile, die von einem Initiator über eine private Blockchain ausgegeben und von Großanlegern gekauft werden.
Das altehrwürdige Bankhaus Metzler erweist sich als erstaunlich innovativ und hat gerade mit der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment eine solche kryptographisch verschlüsselte Transaktion durchgeführt und digitale Fondsanteile verkauft. Noch handelt es sich im Wertpapiergeschäft um Experimente, die allerdings die Deutsche Börse herausfordern.
Clearstream überflüssig
Denn die Speicherung digitaler Wertpapiere (Token) erfolgt über die Blockchain dezentral auf verschiedenen Rechnern. Einen zentralen Wertpapierverwahrer, wie ihn die Deutsche Börse mit Clearstream für in Deutschland und Luxemburg ausgegebene klassische Wertpapiere hat, braucht es nicht. Der Ausgleich von Lieferung und Bezahlung, im Börsenjargon „Settlement“ genannt, erfolgt im Digitalen unmittelbar. Gerade wenn ausländische Anleger beteiligt sind, lassen sich so Kosten senken, und das oft zwei Tage dauernde und nicht selten noch scheiternde Settlement lässt sich verkürzen.
Manche vergleichen diese Umwälzungen in der Wertschöpfungskette mit der Einführung des elektronischen Handels Anfang der 1990er Jahre, der den Parketthandel durch die Einschaltung von Computern weitgehend abgelöst hat. Damals war die Deutsche Börse mit dem Handelssystem Xetra und der Deutschen Terminbörse einer der Gewinner. 2021 nun hat die Deutsche Börse die Schweizer Crypto Finance AG erworben, um ihren Kunden den Handel, die Verwahrung und die Anlage in digitalen Assets anzubieten. Doch ansonsten wirkt sie eher defensiv.
Allerdings sind die Vorteile digitaler Wertpapiere derzeit für Endkunden noch kaum zu sehen. Es fehlt an Märkten, auf denen Anleger nach der Emission mit nennenswertem Volumen handeln können. Einzige Ausnahme sind die rege gehandelten digitalen Währungen Bitcoin und Ether, mit denen Marktplätze richtig Geld verdienen können. Diese erwachen anscheinend gerade aus ihrem Winterschlaf, wenn man dem jüngsten Preisanstieg glauben mag.
Der echte Durchbruch anderer digitaler Wertpapiere steht indes aus, solange die Token vom Erstkäufer oft bis zur Endfälligkeit gehalten werden. Womöglich aber schaffen Investmentzertifikate einen Sekundärmarkt für Token. Zumindest könnten Zertifikate die nächste Wertpapiergattung sein, die es auch in digitaler Form geben wird.
Author: Sandra Mcdonald
Last Updated: 1700129761
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